Unser Weg nach China

2010 mit bereits über 10 Jahren Wing Chun Erfahrung brachen wir (Christoph & Angelika) zu unserer ersten Chinareise auf, die unsere Wing Chun Welt nachhaltig veränderte. Wir hatten die Möglichkeit viele Meister und Schulen zu besuchen, wichtige Kontakte zu knüpfen und auch wahre Wing Chun Legenden persönlich kennenzulernen (wie: Fung Chun den letzten Meister der 5. Generation; Ip Chun, den ältesten Sohn Ip Mans; Lun Kai, einer der ersten Privatschüler von Ip Man noch bevor er nach Hong Kong kam…).

Das Wing Chun, dass wir bis dahin ausschließlich praktiziert hatten, geht auf Großmeister Lee Shing zurück, der Wing Chun als erster bereits 1956 nach Europa brachte. Lee Shing hat damals von Meistern unterschiedlicher Wing Chun Richtungen, allen voran Guo Lo und Ip Man, gelernt. Es war immer unser großes Anliegen diese Ursprünge und das Wing Chun in seiner Gesamtheit noch besser verstehen zu können und deshalb war es unser großer Traum Kontakt zu genau diesen beiden Richtungen herzustellen. Das Schicksal meinte es diesbezüglich außerordentlich gut mit uns.

In dem winzigen Dorf Guo Lo hatten wir noch die unglaublich Ehre den 2012 verstorbenen – damals 91 jährigen Großmeister Fung Chun (dessen Lehrer noch direkt vom legendären „König des Wing Chun“ Dr.Leung Jan gelernt hat) kennenzulernen und waren in seinem Haus zu Gast. In weiterer Folge wurden wir von seinem letzten Schüler Meister Lu Jiang Quan als Privatschüler akzeptiert und sind die ersten Ausländer jemals die die Chance haben diesen Stil erlernen zu dürfen.

china2013-1170

Auf der gleichen Reise lernten wir Großmeister Donald Mak – den Meisterschüler (er folgt seinem Lehrer seit 1979) von Chow Tse Chun kennen. Obwohl viele Schüler des legendären Großmeister Ip Man`s später selber unterrichteten gab es in Wahrheit nur eine ganz kleine Hand voll langjährigen Schüler, die von Ip Man ausdrücklich dazu aufgefordert wurden eine eigene Schule zu eröffnen. Einer davon war Chow Tse Chun, den wir 2012 in Hong Kong auch persönlich kennenlernen durften. Großmeister Donald Mak mit dem uns trotz des großen Respekts mittlerweile eine echte Freundschaft verbindet, akzeptierte uns 2011 als Privatschüler, sodass wir nun Wing Chun in der Tradition von Großmeister Ip Man direkt im 1:1 Unterricht von ihm erlernen dürfen. Im Sommer 2013 kam er schon zum fünften Mal für eine ganze Woche als Gast der Long Zentren nach Wien. Um die Kontakte weiter zu pflegen sind wir jährlich für ein paar Wochen in China und Hong Kong.

Wing Chun in China

Für uns war es gleichermaßen faszinierend und gewöhnungsbedürftig zu sehen, dass der Wing Chun Unterricht in China so gänzlich anders abläuft als man es vielleicht erwarten würde. In China wird Wing Chun seit jeher im allerkleinsten Kreis im sehr familiären Rahmen trainiert und gelehrt. Sehr häufig vermittelt der Meister dem Schüler in einer Eins-zu-Eins Situation die wichtigsten Lehrinhalte und Prinzipen. Gerade bei einem Gefühls betontem Stil wie Wing Chun hat der direkte Kontakt mit dem Meister, durch den der Schüler direkt erspüren und erfahren kann worum es geht einen unschätzbaren Wert. Ständiges eingerichtet und ausgebessert werden, statt langer Erklärungen.

Das ganze gepaart mit der entsprechenden Motivation und Übungsbereitschaft der Schüler war für Jahrhunderte der bewährte Weg. Auch heute noch sind die Übungsgruppen in China sehr sehr klein. Wir haben in China und Hong Kong in winzigen, stets mit zahlreichen Ventilatoren ausgestatteten Schulen trainiert. Meist in den oberen Stockwerken von alles anderem als einladend wirkenden Wohnhäusern versteckt. Auch wenn wir uns vielleicht einsame Berggipfel in herrlichen Landschaften erhofft hätten, so sieht die chinesische Wing Chun Realität ganz anders aus. In hässlichen Industriestädten in denen der Smog so stark ist, dass man nicht einmal mehr sagen kann, ob die Sonne scheint oder es bewölkt ist, haben wir die vielleicht wichtigsten Unterweisungen an so unspektakulären Orten, wie dem Innenhof einer Plattenbausiedlung, oder unserem Hotelzimmer erhalten.

Doch egal wo diese Trainings auch stattfinden mögen, feststeht, dass diese persönliche Art des Trainings eine ganz eigene Qualität und einen ganz eigenen Charakter haben. Fasziniert von der Idee für besonders Interessierte ebenfalls tiefergehende Trainings in einem ganz kleinem Rahmen anzubieten haben wir Anfang 2013 das Zentrum Shui Long eröffnet, wo genau diese Art des Trainings ihren Platz finden soll.